«Regen macht schön!» Lustig, dass es dieses Sprichwort weder in Französisch noch in Spanisch gibt. Wäre es denkbar, dass diese Weisheit gar nie wissenschaftlich erwiesen wurde und ich mein Leben lang vergeblich im Regen gestanden bin !?!?? Wurde das Sprichwort etwa von unseren Eltern nur erfunden, weil es in der Schweiz ständig «schifft»?
Als dann im TV noch der grösste Herbststurm der letzten Jahre angekündet wird, denke ich : «Scheiss drauf!»und nehme den Zug. Das liegt aber einzig und allein daran, dass in der Nähe Mundaka, DAS Surfmekka mit der bekanntesten Welle Europas liegt. Ehrenwort! Für heute sind 4 1/2 m Wellen mit enormer Wucht (Periode von satten 18 Sekunden) angesagt. Das Spektakel will ich auf keinen Fall verpassen. Als ich in den Zug einsteige ist er auch schon da: Ivan, der lebendmüde Surfer aus Argentinien, den ich spontan kennen lerne. Er erzählt mir, dass er sein Leben lang Bilder von dieser Welle gesehen hat und heute ein Traum in Erfüllung geht! Er wohnt seit ein paar Monaten in San Sebastian und hat nur auf den ersten Herbststurm gewartet. Ohne Zweifel ist er ein hervorragender Surfer, aber spätestens als er mir sein Shortboard 5´ 4“ zeigt, frage ich mich, ob er wirklich weiss was er tut. Auch als Surfgreenhorn ist mir klar, dass 4m Wellen kaum mit einem so kleinen Brett zu surfen sind.
Als wir in Mundaka ist die ganze Bucht eine einzige Schaumwalze und draussen im Atlantik donnern haushohe Wellen. Im Wasser sind genau vier Surfer, zwei Profis und zwei Lokals. Die Strömung im Hafen ist gewaltig (siehe Video), bei so hohe Wellen zirkulieren eben riesige Wassermassen. Ivan zückt kurzentschlossen sein Shortboard – alle anderen sind mit grossen Brettern im Wasser – und will sich ohne zu überlegen in die Fluten stürzen. Kein Aufwärmen oder Studieren der Strömungen. Ich bin so schockiert, dass ich beim filmen seines Einstieges die Rekord Taste verfehle. Zwar kann er relativ problemlos rauspaddeln und im «Line-up» einreihen, doch es kommt wie es kommen muss: Nach den ersten paar brutalen Spülungen wird er von der Strömung in den weiten Atlantik abgetrieben. Am Schluss muss ihn ein Jetski holen, weil er es aus eigener Kraft nicht mehr zurück schafft. Da er auch nicht weiss wie man wieder ans Land kommt, kämpft er sich dann noch 30 unendliche Minuten gegen die Strömung an die Küste (siehe Video), statt sich wie die Profis zum Hafen zurück treiben zu lassen. Ich weiss nicht wer erleichterter ist: Er, dass er es heil ans Land geschafft hat oder ich, dass ich nicht unfreiwillig Zeuge eines Dramas wurde. Nach ein paar Bier ist die Welt dann wieder in Ordnung und wir beide froh, dass er mit dem Schrecken davon gekommen ist. Die Moral der Geschichte: Bei stürmischem Wetter ist es definitiv besser hinter statt vor der Kamera zu sein!