Kuba #97, Planwirtschaft

Kuba ist das einzige Land der Welt in dem es einfacher ist Geld zu verdienen als es auszugeben! Das liegt nicht daran, dass man hier so viel verdient. Vielmehr ist es fast unmöglich etwas zu kaufen. Mindestens diesbezüglich ist Fidel die Gleichstellung gelungen: Mit oder ohne Geld, hier hat jeder nichts.

Der staatliche Monatslohn liegt bei 20 USD wobei es sich mehr um ein Geburtsrecht als einen Lohn handelt: Wer den Tag überlebt, erhält einen Lohn. Zum Existieren ist das Gehalt viel zu wenig. Zum Sterben zu viel. Dementsprechend die Arbeitsmoral.

Auf der anderen Seite sind kubanische Läden eine absurde Sammlung von Waren. So gibt es regelmässig weder Grundnahrungsmittel noch die einfachsten Haushaltartikel wie Toilettenpapier*. Dann plötzlich tauchen Perlen wie italienischer Balsamico Essig auf, nur um drei Wochen später für immer von der Insel zu verschwinden. Dafür findet man in der Lebensmittelabteilung Nussknacker (aber es gab noch nie Nüsse), rosarote Kinderregenschirme (aber bei Regen bleiben sowieso alle zu Hause) oder Whirlpools! So hat Einkaufen mehr mit einer permanentem Jagt zu tun bei der man seine Beute opportunistisch wechselt. Zuweilen komme ich mir vor wie ein Drogensüchtiger, wenn ich dunklen Hinterhöfen bei dubiosen Händlern Steckdosen oder Glühbirnen kaufe. Spannend auch die Qualität der Produkte. Die meisten Artikel gehen in der ersten Woche kaputt, wenn sie nicht schon beim auspacken zerbrechen. Das Preisniveau eher höher als in der Schweiz. Die Preise sind grundsätzlich willkürlich, das Preisniveau eher höher als in der Schweiz. Einmal staatlich festgelegt sind sie fix, ausser die Verkäuferin tippt statt der Doppelpackung nur eine Flasche wie seit zwei Wochen im Laden gegenüber.

Um die planwirtschaftliche Nachfragesteuerung besser begreifen zu können, stelle ich mir in solchen Momenten den für den Einkauf zuständigen Beamten vor: Nachdem er um 11:00 zur Arbeit gekommen ist, kratzt er sich gegen 14:00 den Hintern und fragt sich was das kubanische Volk wohl die nächsten Monate zum Leben braucht. Dem Warenangebot nach muss der Beamte aber entweder nicht in Kuba leben oder keinen Bezug zum kubanischen Alltag haben. Natürlich wäre die trivialere Erklärung, dass er einfach die Waren importiert für die er vom Produzenten das grösste Schmiergeld erhält. Aber eben: Kuba kann man nicht verstehen, es will auch nicht verstanden werden. Kuba muss man akzeptieren!

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* Seit einer Woche suche ich nun WC Papier. Entweder höre ich zu Essen auf um den Stuhlgang zu unterdrücken oder werde morgen in einem Hotel Papier klauen gehen. Falls sie mich erwischen, behaupte ich es sei Notwehr.
**Kubaner lieben übrigens IKEA. Wie ein Mantra wiederholen sie beim zusammenschrauben meiner mitgebrachten Möbel: «Pooh, das ist Qualität.»