#103 Freie Parkplätze

Ein Leben lang hatte ich den Eindruck, dass es für alle Fahrzeuge dieser Welt nicht mehr als ein Dutzend freie Parkplätze geben kann, doch heute stehe ich im Paradies: Ein komplett leerer Parkplatz mit mindestens 1’000 freien Parkplätzen.

Es ist 1:30 morgens. Soeben bin ich mit meinem VW Bus von Hamburg im Frachthafen von Bremerhaven angekommen. Soeben heisst, dass ich seit über 30 Minuten an Kontaineranlagen, Bahnhöfen und Kränen vorbeigefahren bin.

Zuvor war ich in Hamburg wo ich Catalina, die ich auf dem Jakobsweg kennen gelernt habe, besuchte. Sie hat es tatsächlich geschafft und ihren Traum mittlerweile realisiert. Vor drei Wochen hat sie die Schauspielschule begonnen. Herzliche Gratulation, ich bin stolz auf Dich! Dank ihrer Tipps durfte ich ein paar herrliche Tage in Hamburg verbringen. In der Tat eine fantastische Stadt mit ihrem rauen Charme, dem herben Nordseeklima, dem reichhaltigen Kulturangebot, der malerischen Hafenanlage und den fabelhaften Fischleckereien.

Doch zurück zu meinem „Parkplatzproblem“. Weil ich mich nicht richtig entscheiden kann, stelle ich meinen Bus einfach mitten auf den riesigen Parkplatz und schlafe in meinem Bus innert Kürze ein. Als ich am nächsten Morgen zum Bus aussteige, trifft mich der Schlag. Der vorher leere Parkplatz ist mit den Autos der Hafenarbeiter gefüllt. Kein einziger freier Parkplatz – ausser den 5 Parkplätzen, die ich mit meinem quer parkierten VW Bus versperre:  Eine wahre Meisterleistung! Gerade als ich die Seitentür öffne und mich gähnend strecke, fährt ein offener Bus voller Hafenarbeiter vorbei. Alle schütteln den Kopf, einige pfeiffen und buhen mich aus. Am liebsten würde ich in den Boden versinken, stattdessen lache ich und winke freundlich.

Der Rest der Verschiffung ist schnell erzählt. Ich darf mein Auto auf einen noch gigantischeren Parkplatz mit 10’000 Fahrzeugen stellen wobei die Räder der abgestellten Trucks und Baumaschinen meist grösser als mein ganzer Bus ist. Während mein „VW Zwerg“ in einer der hintersten Ecken zwischengelagert wird, fährt ein Hafenarbeiter gerade 20 Porsches im Kavallierstart einzeln vom Autotransporter. Daneben steht amerikanisches Kriegsgerät mit deutlichen Kampfspuren. Eine skurrile Szene.

Das beste an meiner Verschiffung sind aber die Parkkosten. Für die 20 Tage, die mein Auto im Hafen steht, zahle ich 32 EUR, schlappe 1.60 EUR pro Tag. Das kostet in Zürich schon die Zeit, die die Münzen in die Parkuhr rollen.

Liebe Zürcher, auf was wartet Ihr! Wechselt in Züri vom Auto zum ÖV, parkiert Euer Auto in der Zwischenzeit in Bremerhaven und verbringt ein paar tolle Tage in Hamburg. Inklusive Heimflug (Easyjet 117 CHF) wird Euch das günstiger kommen als der billigste Parkplatz Zürichs und Ihr seit erst noch entspannter, weil Ihr keine Parkplätze mehr suchen müsst! So oder so: Hamburg ist wirklich einen Ausflug wert!

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Der einzige Wehmutstropfen ist, dass ich den Käptitän der Hs Brückner, mit der ich letztes Jahr den Atlantik überquerte, um zwei Stunden verpasst habe. Was für ein unglaublicher Zufall. Er und seine Frau sind mit ihrem Frachtschiff um 5:00 morgens ausgerechnet aus demselben Hafen ausgelaufen in dem ich meinen Bus verschiffen lasse!

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