#125 Am Nabel der Welt

Ich bin am Nabel der Welt oder um es in den Worten der Inkas auszudrücken in „Qosqo“, dem heutigen Cusco. Besser könnte man diese fantastische Stadt nicht umschreiben. Cusco war der Mittelpunkt des viergeteilten Inkareiches, das von Ecuador bis Chile reichte. Auch heute noch versprüht die Stadt einen unheimlichen Scharm – was leider auch den geschäftstüchtigen Einwohnern Cusco’s nicht ganz entgangen ist.

Das Inkareich war das grösste südamerikanische Imperium mit 10 Millionen Einwohnern, war grösser als das Römerreich und wurde in nur 100 Jahren erschaffen. Das ist spannend, aber wirklich verblüffend ist die unglaubliche Steinbearbeitung der Inkas. Sie verbauten riesige Steinblöcke ohne Mörtel so passgenau, dass es noch heute unmöglich ist eine Messerspitze zwischen die einzelnen Steinblöcke zu stecken. Die Steinblöcke wurden mit bronzezeitlichen Werkzeugen – also ohne Rad oder Eisen – transportiert und bearbeitet*. Dabei wurden die Felsen konkav zugeschnitten und vielfach mit mehrkantigen Steinen gearbeitet, womit die Bauten extrem erdbebensicher sind. Die Grundmauern der Inkas waren so stabil, dass sie nicht einmal von den Spaniern zerstört werden konnten. Stattdessen bauten sie auf die Fundamente der Inkas ihre eigenen Bauten. Das führte dazu, dass in Cusco jedes koloniale Haus auf alten Inkamauern steht und auf jedem der sechzehn Inkatempel eine katholische Kirche gebaut wurde.

1650 sowie 1950 zerstörte zwei Erdbeben jeweils ganz Cuscos. Ganz Cusco? Nein, alle spanischen Gebäude wurden zerstört, während die Inka Grundmauern das Erdbeben unbeschadet überstanden. Deshalb fragen man sich als Betrachter heute noch, ob eine Mauer von den „Incas“ oder den „Incapazes“ – also den Inkas oder den Unfähigen – erstellt wurde!

Dasselbe gilt für die Wasserversorgung. Jede Strasse hatte damals einen eigenen Wasserkanal, die Inkas schafften es so ganze Flüsse durch die Strassen einer Stadt zu leiten. In der Regenzeit sind selbst heute nur die alten Inkastrassen vernünftig entwässert. Wo aber die „Incapazes“ bauten kann man bei Regen baden.

Sprachlos macht mich auch das Strassensystem der Inkas. Es umfasste 30’000 Kilometer gepflasterter Strassen, die das Reich spinnennetzartig von Quito (Ecuador) bis Santiago (Chile) überzogen. Gemäss berichten sollen Boten Nachrichten in fünf Tagen von Quito in das 2‘000 km entfernte Cusco transportiert haben. Etwas was heutige südamerikanische Postunternehmen kaum schaffen dürften. Eigene Feldversuche mit DHL zeigten, dass Pakte zwar in drei Tagen aus Europa nach Südamerika gelangen, für die wenigen Kilometer vom Flugplatz zur entsprechenden Hauptstadt dann aber bis zu drei Wochen benötigen.

Durchaus verständlich, dass böse Zungen behaupten, die Zivilisieren Südamerikas hätte mit der Unterdrückung der Inkas eine Ende gefunden!

Tatsächlich zerstörten die Spanier die Inkastädte und plünderten um die 70 Tonnen Gold und 3’400 Tonnen Silber*** ohne einen nennenswerten Mehrwert zur Entwicklung Südamerikas zu liefern. Dass die Ausbeutung der Inkaschätze auch heute nicht zu Ende ist, zeigen die Eintrittspreise, die das peruanische Kulturministerium für deren Besichtigung verlangt. Alleine der Eintritt in Machu Picchu wirft bei der maximalen Anzahl täglicher Eintritte 80’000 Dollar pro Tag oder 30 Mio. Dollar im Jahr ab. Dazu kommen nochmals soviele Einnahmen vom „Bolleto Touristico“ (Eintritt für 16 Ruinen). Zusätzlich kostet die dreistündige Zugfahrt nach Machu Picchu 120 Dollar.

Wohlverstanden: Was stört ist nicht der Geldbetrag, sondern die Tatsache, dass das Geld in den Taschen des Kulturministeriums verschwindet. Zwar erhält Cusco 70% der Einnahmen des „Boleto Touristico“ und re-investiert diese Vorbildlich in den Erhalt der lokalen Ruinen. In Machu Picchu bleiben aber nur 10% für die Ruinen. Der Rest des Geldes verschwindet nach Lima und wird anderswo nicht wieder investiert (Siehe „Wolkenmenschen“)! Die Flucht des Kulturministers mit prallvollen Koffern ist wohl wirklich nur eine Frage der Zeit.

Ich hingegen stelle mir die Frage wie der angebliche Francisco Pizarro, der angeblich ein Schweinhirt und so ungebildet war, dass er seinen eigenen Namen nicht schreiben konnte****, mit nur 150 Kriegern die 10 Millionen Inkas unterjochen konnte?!

Was wäre wohl aus Südamerika geworden, wenn die Inkas die Spanier vernichtend geschlagen hätten? Wäre es ein besserer Ort?

Was wäre geschehen, wenn Pizarro in seiner Überheblichkeit eine uns überlegene Kultur angegriffen hätte und Europa jetzt zum Inkareich gehören würde?

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*Wohl die schiere Menge sowie die Grösse der Steinblöcke bewog ein paar überforderte Zeitgenossen die Bauten der Inkas mit Außerirdischen in Verbindung zu bringen. Einer von Ihnen – Erich von Däniken – stammt übrigens aus Solothurn. Asche auf mein Haupt!
** Nach 600 Jahren funktionieren die Aquädukte der Inkas immer noch. Man kann sie in Ollataytambo, Tipón oder Tambomachay bewundern.
*** Was spannenderweise in Spanien zu Inflation und zur abermaligen Pleite des damaligen Königs führte.
**** Pizarro schrieb immer nuer einen „Schnörkel“ am lnken Papierende, ein Schreiber kompletierte daraufhin seinen Namen.

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