#118 „Google Maps“ ist ungesund

Ich sitze schweissüberströmt hinter dem Steuer meines VWs. Es ist mittlerweile stockdunkel, ich kann den Weg kaum noch sehen. Die Strasse ist während der letzten zwei Stunden von einer mürben Asphaltstrasse, zu einer provisorischen Staubpiste, über einen löchrigen Nebenweg in einen ausgewachsenen 4×4 Jungelweg übergegangen. Die Fahrrinnen sind so tief, das mir mein Wageninhalt kreuz und quer um die Ohren fliegt. Der VW quietscht, ächzt und stöhnt unter der ewigen Schaukelbewegung, die sowohl vertikal als auch horizontal ist. Nur der deutschen Wertarbeit ist es zu verdanken, dass der Wagen noch nicht auseinander gebrochen ist. Am Wegrand befinden sich noch einzelne Brettersiedlungen, die mit Feuer beleuchtet sind, Strom oder Wasser gibt es schon lange nicht mehr. Die wenigen Eingeboren tragen zwar Kleider, ich bin aber nicht sicher, ob das vor einer Generation auch schon so war. Die Gegend ist staubig, ausgedörrt und menschenleer um sie nicht als menschenfeindlich zu verschreien. Seit über einer Stunde habe ich kein Fahrzeug gekreuzt.

Vor 10 Minuten war meine Situation noch aussichtsloser. Die breite Staubpiste fiel unerwartet schnurgerade in eine 100 Meter tiefe Schlucht. Zwar versuchte ich noch zu bremsen, die Strasse war aber so steil, dass ich auf dem Sand zu rutschen begann. Plötzlich begreife ich, dass ich die Schlucht so auf der anderen Seite niemals hochkomme. Deshalb gebe ich Vollgas um auf der senkrecht abfallenden Strasse möglichst viel Schuss zu erhalten. So donnere ich in die Senke und dann in die gegenüberliegende Steigung. Auf halber Höhe würgt es die 58 PS meines Motors langsam ab. Ich schalte genau im richtigen Moment, die Räder beginnen durchzudrehen, ich rutsche, reduziere das Gas, die Räder greifen wieder und um ein paar Meter schaffe ich es im 1. Gang über die Anhöhe. Nicht auszudenken was geschehen wäre, wenn ich die Schlucht nicht hochgekommen wäre!

Wieso das Alles?! Ich habe wiedermal auf „Google Maps“ vertraut, mangels einer Alternative. Ich besitze keine Karte, die Strassen sind schlecht bis gar nicht ausgeschildert und „Google Maps“ weist mir unbeirrt den Weg! Die heutige Strecke wird von „Google Maps“ dementsprechend stolz als Hauptstrasse ausgewiesen. Wie mir mein heutiger Gastgeber erzählt befindet sich die Strasse aber erst im Bau. Vermutlich bin ich anfangs über das Trasse der entstehenden Strasse gefahren. Der Rest war dann der Baggerweg für die Baumaschinen, die den Weg durch die Savanne pflügen.

Es war nicht das erste Mal, dass mich „Google Maps“ in die Irre geführt hat. Das letzte Mal lenkte mich das Programm zielsicher in eine vierspurige Hauptverkehrsachse, aber in der verkehrten Richtung. Die Wende gelang mir nur, weil alle vier Spuren der anfahrenden Autokolonne rechtzeitig hielten und mich drehen liessen.

Liebe Google Geschäftsleitung bevor Ihr das nächste Mal über Kuschelecken, beheizte Toilettendeckel und Kinderspielplätze am Arbeitsplatz nachdenkt, kontrolliert doch nochmals Euer Kartenmaterial! Wenn Ihr Baustellen nicht von Hauptstrassen unterscheiden könnt, dann macht es so wie Eure Konkurrenz „HERE“*: Bietet keine Navigation an! Irgendeinmal wird sich ein Amerikaner auf einer Eurer südamerikanischen „Hauptstrassen“ verirren und Euch auf unendlichen Schadenersatz verklagen. Dann könnt Ihr die Kuschelecken direkt in der Toilette installieren und bis ans Lebensende Schadenersatz zahlen!

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*“HERE“ bietet für ganz Ecuador zwar Karten an, folgerichtig aber keine Navigation.
** Die Fotos habe ich nachträglich im Internet zusammengesucht. Sie stammen weder von mir, noch vom beschriebene Streckenabschnitt, entsprechen aber ungefähr dem Erlebten.